Lieber Klaus-Peter,

Es ist fünf Uhr. Das weiß ich obwohl ich weder Uhr noch Wecker habe. Ein Mann klopft an unser Zelt. Er ist der Küchen-Assistent und verteilt heißen Coca-Tee (Coca-Tee hat eine anregende Wirkung und hilft gegen Höhenkrankheiten). Die Nacht war sau kalt. Ich habe nicht gut geschlafen. Wir stehen auf und packen unsere Sachen. Das Frühstück ist gut. Noch besser ist die wunderbare Aussicht hier im Tal, welche ich gestern nicht so wahrgenommen habe. Wir bekommen ein Snack-Paket. Gleichzeitig erzählt uns Henry (einer der beiden Führer), dass uns heute der anstrengendste Tag erwartet. Na toll, denke ich, dafür regnet es die ganze Zeit. Es ist 6.30Uhr.Wir laufen los. Genaue 5min laufen wir nicht bergauf. Danach startet der Anstieg. Den Regen habe ich schon ganz vergessen, meine Sachen sind eh nass, Die Steigung ist leider immernoch present. Immer wieder muss ich kurze Pause einlegen, um zu atmen. Nach genau 3 Stunden erreichen, wir den Gipfel des Berges, der höchste Punkt der ganzen Tour (4600m) Henry und Andre (der andere Führer) zeigen uns, was man so ritualmäßig auf einem Gipfel so macht. Jeder von uns sollte einen Stein mit nach oben tragen (jenen Stein habe ich genau dreimal auf dem Weg ausgetauscht. Der erste war groß, der letzte ist klein.) Wir bauen Steintürme und vergrabe Coca-Blätter unter ihnen, während wir die vier nächstliegenden Berge anbeten (in jeder Himmelsrichtung einen). Wir laufen weiter. Von nun an, nur noch bergab. Es ist halb 2. Es regnet immer noch. Wir essen zu Mittag in der besten Hütte in der ich jemals zu Mittag gegessen habe. Es gibt keinen Schlüssel, deswegen müssen wir durchs Fenster rein. Der Koch wartet schon. Es ist eng, kalt und nass hier; dennoch gemütlich. Ich fühle mich glücklich. Inmitten im regnerischen Nirgendwo. Jenes Gefühl wird verstärkt als ich marihuanaähnlichen Geruch in der Luft entdecke. Ist bestimmt einer unserer Führer, oder beide, denke ich und muss lachen. Es ist 15.23Uhr. Wir laufen los. Die ganze Zeit bergab. Die Landschaft ist unbeschreiblich und auch das Wetter wird ein wenig besser. Ich kann meinen Regenponyo ausziehen. Ich schaue auf meine Uhr: Es ist halb 6, als wir unsere Campingstelle erreichen. Wir essen zu Abend. Henry erzählt uns in einer Stunde, was er in 2 Semestern peruanischer Geschichte gelernt hat. Verwunderlicherweise bin ich nach 22km und 10 Stunden rumkraxeln total im Eimer. Meine Sachen sind schmutzig und nass. Mein Schlafsack, ausgeliehen, riecht streng. (Er versucht mich warmzuhalten). Dennoch möchte ich hier bleiben. Die Einschlafgeräusche der Wasserfälle erinnern an gestern Abend.

Was für den kalten,nassen Wanderer als Luxushütte erscheint, ist für andere zu schlecht fürs Kaminholzabdecken! Weiter so; jeder Kilometer bringt neue Erkenntnisse, auch ohne künstliches Doping =)
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